Tony Matelli – WEED

Ostern 2021, Tony Matelli – WEED
Ausstellung in der Kunst-Station Sankt Peter Köln.

 
Die Kunst-Station Sankt Peter zeigt zu Ostern 2021 ein Wildkraut, das aus einer Fuge zwischen Wand und Boden herauswächst. Die hyperrealistische Pflanze des Künstlers Tony Matelli sieht aus wie ein Kraut, das unerwünschter Weise Steine, Asphalt oder Beton durchbrochen hat und üblicherweise ausgerupft oder weggekärchert wird. Dieses Kraut ist allerdings eine täuschend echte Skulptur aus bemalter Bronze. Tony Matelli irritiert mit seiner Illusion von Natur, an unerwarteter Stelle, dem leeren Innenraum der Kirche Sankt Peter.
 
Die unbändige Kraft der Natur, die sich durch alle zivilisatorischen Errungenschaften unserer modernen Welt durchsetzt ist ein österliches Bild: die Energie des Lebens, das sich gegen alle Erwartungen behauptet und ein kleines, aber starkes Zeichen einer aufbrechenden Hoffnung ist.
 
Erwarten und Hoffen – zwei Begriffe die uns nun ein Jahr in der COVID-19 Pandemie begleitet hat. Besonders in der Kunst- und Kulturwelt wechselt ein emotionales Bangen und Hoffen mit einem rationalen Abwägen und Erwarten. Auch hierfür steht die Ausstellung. Ein kleines, leicht zu übersehendes Grün in der Kunst-Station feiert die Rückkehr der Bilder nach sieben Wochen Fastenzeit und Bildverhüllung. Es ist keine große Osterfeier, kein Paukenschlag des Neuanfangs, kein Spektakel der Auferstehungshoffnung. Es ist nur ein Hinweis auf etwas Lebendiges, das immer noch und immer wieder wächst.
 
Unkräuter sind ein Zeichen des Ungeplanten. Sie sind ein Bild für die unkontrollierbare Wildnis zwischen unseren ökonomisch verwertbaren Nutzpflanzen. Die wilde Natur, die biblischen „Disteln und Dornen“ stehen für die Mühsal des sesshaft gewordenen Menschen. Sie durchkreuzen unsere Planung und unsere zivilisatorische Effizienz. Das ist auch ein Mandat der Kunst – und möglicherweise überhaupt der Kultur: Positionen gegen das Erwartbare und ein Zeichen Hoffnung an ungeplanten Orten.
 
Unglücklicherweise – für mich zumindest – hat es der Künstler sehr gut gemeint – und nicht ein beiläufiges Kraut geschickt, sondern ein Heilkraut, der gelbe Sonnenhut, mit Blüte! Da wird die Hoffnung schnell zur Osterdekoration. Der Irritation und der Faszination über die faszinierende Arbeit tut das sicherlich keinen Abbruch. Wir stellen uns dem Unerwarteten und hoffen auf die heilende Wirkung der „Echinacea Paradoxa“. Das Ungeplante stärkt nun nicht nur unser Immunsystem.
 
Kai Kullen