The Truth About Tune

ON Köln – Schlüsselwerke der Neuen Musik
Freitag, 8. Februar 2013, 19.30 Uhr

 

Trio Scordatura (Amsterdam)
Alfrun Schmid – Stimme, Violine
Elisabeth Smalt – Viola, Viola d’amore, Adaptierte Viola
Bob Gilmore – Keyboard

 

mit
Keiko Shichijo – Keyboard
Scott McLaughlin – Klangregie

Christopher Fox (*1955): BLANK (2002)
Harry Partch (1901-74): aus: Seventeen Lyrics by Li Po (1930-33): The Intruder, On Hearing the Flute at Lo-cheng, I am a Peach Tree
Harry Partch: By the Rivers of Babylon (1932)
Harald Muenz (*1965): stein-sum (2011-12)
Scott McLaughlin (*1975): at least two things (2011)
Marc Sabat (*1965): Air – Spit – Tune (1997/2013)
Horaţiu Rădulescu (1942-2008): Lux Animae (1997/2000)
James Tenney (1934-2006): Harmonium #1 (1976)

 

Eine der bemerkenswertesten Entwicklungen in der komponierten Musik der letzten Jahrzehnte des zwanzigsten Jahrhunderts ist die wachsende Aufmerksamkeit, die Komponisten anderen Stimmungen als der konventionellen, zwölftönig gleichschwebend temperierten entgegengebracht haben. Jetzt, in unserem neuen Jahrhundert, haben wir eine Situation erreicht, in der Intonation, in den Worten des verstorbenen James Tenney, zu einer „kompositorischen Variablen“ unter vielen anderen geworden ist – anstatt vorgegeben zu sein, muß nun die Entscheidung über das Tonhöhenvokabular vom Komponisten von Stück zu Stück getroffen werden, und ist dabei ebenso starker Variabilität unterworfen wie sein Ansatz bei Rhythmus, Klangfarbe, Textur und Dichte, Form, Einsatz des Raums und allen übrigen Aspekten von Musik.

 

Trio Scordatura wurde 2006 gegründet, um Musik aufzuführen, die diese erweiterten Tonhöhenressourcen erforscht. Mir war schon länger aufgefallen, daß manche neue Musik harmonische Fragen weitgehend zu ignorieren schien (oder genauer: uninteressiert zu sein schien an den neuartigen harmonischen Beziehungen, die durch Feinheiten der Stimmung möglich werden) und sich statt dessen auf andere Aspekte des Musizierens konzentrierte – Rhythmus, Gestik, Klanglichkeit, die Erforschung von Technologie – natürlich manchmal mit sehr spannenden Ergebnissen. Trotzdem schien mir, daß es da noch Platz gab für ein Ensemble, das einen alternativen Schwerpunkt anbietet.

 

Heute abend führen wir Werke dreier Komponisten auf, die in der Erforschung erweiterter Tonhöhensysteme Pioniere sind (Partch, Rădulescu, Tenney), eines Komponisten der mittleren Generation, dessen Stück Tenney gewidmet ist (Fox), und dreier jüngerer Komponisten, die sich dem Thema Mikrotonalität sehr unterschiedlich nähern (Sabat, McLaughlin, Muenz). Was all diese Stücke gemeinsam haben, sind weder Stil noch Genre, sondern eher bestimmte Arten und Weisen des Betrachtens von und des Hörens auf musikalisches Material. Diese Musik ist von Avantgardetraditionen, Liebesgedichten der antiken Welt, Minimalismus und vielem anderem geprägt. Immerhin ist Vielfalt die Würze des Lebens.

 

Bob Gilmore (Übersetzung: Robert Engelbrecht und Harald Muenz)